Without Going out of my Door | 
  
      Der Passagier Paul Marnach
 
 
 
 
 
 
 
 Die Angaben aus Einwanderungslisten wurden vor Jahren zunächst auf Mikrofiches gespeichert, wie ich später erfuhr. Dann haben ehrenamtliche Mitarbeiter, Jugendliche von der "Kirche der Heiligen der letzten Tage", sie in die Datenbank eingegeben. Daten von etwa 17 Mill. Menschen werden im AFIHC verwaltet. Mein herzlicher Dank an die fleißigen Mormonen! 
      Wer
      fuhr noch mit?
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Der Liste nach hat also Paul (Nr. 21) 
          
 Es ist seltsam und anrührend, 9 Jahrzehnte später, als kein Mensch mehr lebt, der Paul kennt, diese ganz persönlichen Einzelheiten über ihn zu lesen. Die Wörter stehen da in der eiligen Handschrift irgend eines Angestellten der Holland-Amerika-Linie, der sie einem (vermutlich) kalten und trüben Dezember-Tag des Jahres 1911 im Büro der Rotterdamer Hafenbehörde niederschrieb. Einiges ist durchgestrichen, berichtigt, (Paul besaß demnach nicht die erwarteten 50$, auch nicht 25$, sondern letztendlich nur 24$!), hinzugefügt (Leo Haas war kein Verwandter, sondern Pauls Freund! ... ). Lange vor meiner Geburt schon war Paul verschollen, seine Spuren nicht mehr auffindbar. Ich hatte nur gelegentlich ein paar alte verblasste Schwarz-Weiß-Fotos von ihm gesehen. Nie hätte ich erfahren, dass er braunes Haar und blau-graue Augen hatte. Bis zu jenem Abend im Mai 2001... ... whether going to join a relative or friend? Wer von diesen mag Pauls Freund Leo Haas gewesen sein, den er in New York besuchen wollte? Dem Geburtjahr nach (Paul war 1889 geboren) könnte es jeder von ihnen gewesen sein. Oder handelt es sich hier immer um denselben Leo Haas, nur mit ein paar Abweichungen durch Schreibfehler und Ungenauigkeiten, wie sie immer mal wieder vorkommen??? 
    
     Leo Haas - International Genealogical Index / GE 
     Leo HAAS - 1880 United States Census / Pennsylvania 
 
 
 
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Wenn man in Suchmaschinen
    die erwähnte Adresse 
    6 State Street, NYC, eingibt, wo angeblich Pauls Freund Leo
    Haas wohnte, landet man Anfang der 1900er beim Leo House, einer
    katholischen Unterkunft für deutsche Einwanderer.
    Boroughs of Manhattan and the Bronx
    Leo House for German Catholic Immigrants, 
  	6 State Street
Auch heute existiert dies Haus noch an anderer Stelle in New York als Zuflucht und spirituelles Zentrum:
    Retreat opportunities/spirituality centers
    The Leo House in NYC is available for retreats. Call 212-929-1010 for additional
    information.
Zu der katholischen Unterkunft würde auch gut der erwähnte Father Nageleisen passen, offensichtlich ein katholischer Priester, an den sich deutschsprachige Immigranten wenden konnten. War es nun Leo Haas oder das Leo House? Möglicherweise ein Irrtum in der Schiffsliste? Oder ein Wortspiel, das Paul erfunden hat?

    Auf der Abbildung oben sieht man an der Spitze Manhattans die 6
    State Street eingezeichnet, wo damals das Leo House stand,
    (ein Heim für katholische Immigranten aus Deutschland), in unmittelbarer
    Nähe zum Broadway und zu Trinity Church, (von
    wo Paul eine Ansichtskarte an seine Eltern in Dortmund schrieb und einen
    Gruß an Schnipp),  
    gegenüber von Ellis Island, (wo er von Bord der Potsdam
    gegangen war und amerikanischen Boden betreten hatte).
Foto oben von Ian Britton
 
      
Sie hatte 12 835 Bruttoregistertonnen, war 571Fuß (174m) lang, 62 Fuß (19m) breit, hatte Drillings-Dampfmaschinen, Doppelschiffsschraube, eine Geschwindigkeit von 15 Knoten, (= 28 km/h),
Gebaut für die Holland-Amerika-Linie,  
    fuhr seit 1900 unter  niederländischer Flagge auf der  Linie
    Rotterdam-New York, unter dem  Namen Potsdam. 
    
  
    
    Die Potsdam verwöhnte die Passagiere der Ersten und  Zweiten Klasse
  mit einer  Luxusausstattung und behaglichen Aufenthaltsräumen (siehe Foto!). Dennoch war sie eindeutig als Schiff für
    
      Auswanderer geplant: sie konnte 282 Personen in der 1. Klasse, 210 in der
      2. Klasse, aber sage und schreibe 
 1800 Zwischendeck-Passagiere befördern.
      - Wegen ihres auffallend hohen Schornsteins (funnel), der jedem sofort ins
    Auge fiel,  wurde sie allgemein
    scherzhaft "Funneldam" genannt. 
    
  Sie fuhr 
    
      1900 - 1914 als Potsdam für die Holland-Amerika-Linie, 
      seit 1915 unter dem Namen Stockholm für die Schweden-Amerika-Linie, 
      ab 1928 als Solglimt als Walfang-Mutterschiff,
      seit 1931 für Norweger,
      seit 1941 als Sonderburg   für die Deutsche Kriegsmarine,
  und wurde 1947 verschrottet.
    
Bei seiner Durchschnittsgeschwindigkeit von 15 Knoten (~28km/h) hat die Potsdam - bei unterschiedlichen Wetterbedingungen - etwa 2 Wochen für die Überfahrt Rotterdam-New York gebraucht.
So lange war Paul im Dezember 1911 bis zum 2. Januar 1912 unterwegs auf dem Atlantik, bis er in Ellis Island ankam. Also ist er kurz vor Heiligabend an Bord gegangen, hat er sogar Weihnachten auf dem Atlantik verlebt. Und Sylvester/Neujahr.
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