Ein dunkles Kapitel


Luxemburg in Kriegszeiten

 

Im 30-jährigen Krieg (1618-48)

Während des 30jährigen Krieges, besonders seit Frankreich 1635 gegen Spanien kämpfte, hatte auch der Norden Luxemburgs viel zu leiden. Kaiserliche und fremde Truppen zogen durchs Land, mordeten, plünderten, steckten Häuser in Brand ...

Die Soldaten bezogen im Ösling Winterquartier
mit ihnen die Generäle Blanchart,  der Italiener Piccolomini, der Kroate Isolanie, der im Dezember 1635 mit seiner Armee in Hosingen und Marnach lag, und der Reitergeneral Jan van Wert, Sohn eines Bauern aus dem Rheinland. 

Das Dorf Marnach hatte regelmäßig Kriegsabgaben zu zahlen, Getreide und Vieh abzuliefern. Dadurch erlitt das kleine Dorf aus 9 Häusern einen Verlust von 2000 und ½ Reichstaler, eine ungeheure Summe für die damalige Zeit. 

Isolanie ist verewigt in Schillers Wallenstein
"Spät kommt ihr, doch ihr kommt! Der weite Weg, Graf Isolan, entschuldigt euer Säumen".

Abb.: Die Schrecken des 30-jährigen Krieges

 




Über Jan van Werth gibt es folgende Geschichte (erzählt nach Wolfgang Niedecken von BAP):

Jan und Griet
Der Jan war Knecht auf einem Bauernhof in der Kölner Gegend und di
e Griet war Magd auf diesem Bauernhof, und er war "tierisch verschossen" in die Griet, aber sie war zu "höherem geboren" - dachte sie. ... Jedenfalls, sie hat ihn auflaufen lassen und er ist dann ganz verzweifelt und traurig in den den Krieg gezogen, in den dreißigjährigen. 

Als er dann wieder nach Köln zurückkam, hatte er Karriere gemacht ...  - er war der Reitergeneral Jan van Werth. Auf einer Art Triumphzug ritt er er genau durch  das Kölner Severinstor und da saß dann Griet mit einem Apfelkorb als Marktfrau, erkannte ihn wieder. "Tja, wer et jedonn hätt  ..." sagte er zu ihr. Und natürlich hat sie es bereut: "Ja, wer et jewoss  hätt  ..." war ihre wehmütige Antwort..

Abb.: General Jan van Werth, der mit seiner Armee im Dezember 1635 im Ösling Winterquartier bezog.

 


 

 

Der Klöppelkrieg (Knüppelkrieg, 1798)

Die Menschen in Luxemburg, wo die katholische Kirche seit einem Jahrtausend verwurzelt war, wollten sich nicht damit abfinden, dass nach der franz. Revolution (1789) Gottesdienst und Sakramente nahezu verboten wurden. (vergl. Herrn Oehmchens Weihnacht) 

Als dann während der französischen Besatzung unter Napoleon noch der Militärdienst Pflicht wurde, flüchteten viele Jugendliche in die Wälder, um der Einberufung in die französische Armee zu entgehen. Es gab es Aufstände in Clerf, Wiltz und Neufchateau.1798 kämpften die Bauern mit Mistgabeln, Knüppeln (mundartl. "Klöppel"), Spießen, Hacken, Sensen gegen die Musketen der Franzosen, sie wurden deshalb Klöppelmänner genannt, der Krieg Klöppelkrieg. Er führte zu einer vernichtenden Niederlage für die Aufständischen.

 

 

"Alle Gefallenen der Revolte in Clerf trugen religiöse Abzeichen wie etwa Kreuze, Rosenkränze und religiöse Schriften bei sich", so wird berichtet. Mehrere hundert Bauern fielen in Kämpfen an den verschiedensten Orten, oder sie wurden von Militärgerichten verurteilt und hingerichtet. An sie erinnert das Klöppeldenkmal in Clervaux.

Abb.: 
Klöppelmänner in Daleiden, Eifel (oben)
Klöppeldenkmal in Clerf (links)

 


 

 

Napoleons Russlandfeldzug, 1812/13

 In Napoleons Heer mussten 7 junge Männer aus Marnach dienen, darunter die Brüder Peter und Michel Marnach. Peter nahm an großen Schlachten teil: 1812/1813 war er in Russland und Polen. Es gibt einen Brief, den er am 20.12.1812 von Glogau in Schlesien an die Seinigen in Marnach schrieb. Was nachher mit ihm geschehen ist, ob er in Gefangenschaft geriet oder gefallen ist, wissen wir nicht. Sein Bruder Michel musste in Sachsen und Frankreich kämpfen. Er kehrte glücklich zurück, seine Nachkommen Josef, Peter und Edmund lebten in Duisburg.

Viele junge Leute ...  fielen beim Russlandfeldzug Napoleons (vergl. Brief Peter Marnach) oder kamen erst spät aus der Kriegsgefangenschaft zurück. Für die kleinbäuerlichen Betriebe in der Eifel und im Ösling war die Einberufung und der Tod ihrer Söhne auf den Schlachtfeldern Europas eine menschliche und eine wirtschaftliche Katastrophe. 

Nach: Das Interaktive Eifel-Lexikon by Marzellus Boos

 

Heiligenhäuschen am Wege in Marnach, Foto Wilhelm Niehues

 


 

 

Die Ardennenoffensive 
(16. Dezember 1944 – 15. Januar 1945)

 

 


(engl.: The Battle of the Bulge = Schlacht in der Ausbuchtung  
der Frontlinie)

Ort: 
Ardennen, 
Belgien, 
Luxemburg, 

Ergebnis: Sieg der Amerikaner


Foto:
US-Soldaten in "The Bulge"
www.overlordtours.com 

 

Am 16. Dezember 1944 spielte Hitler seine letzte Karte aus
http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/detail.php/845868 

Hamburg - Am 15. Dezember 1944 kündigte der britische Feldmarschall Montgomery dem amerikanischen Oberbefehlshaber Eisenhower an, er wolle das bevorstehende Weihnachtsfest zu Hause verbringen. An den Fronten sei es ruhig, und Hitler sei nicht mehr in der Lage, größere Angriffe zu unternehmen. Eisenhower stimmte zu und ging selbst am nächsten Morgen Golf spielen. Die von Hitler geplante Überraschung war perfekt. 

Foto: Amerikanische Soldaten in den Ardennen, 
http://www.schweinfurt.army.mil/9eng/history/glance1.html 

 

Über 200.000 deutsche Soldaten, die sich in den vorausgegangenen Wochen im Schutz der bewaldeten Eifel gesammelt hatten, gingen an diesem 16. Dezember auf einer Front von 120 Kilometern zur Offensive auf die Ardennen vor, die von nur etwas über 80.000 Amerikanern gehalten wurden. (...) Der "Führer" war sich der erdrückenden feindlichen Luftüberlegenheit sehr wohl bewusst, deshalb setzte er auf das vorausgesagte schlechte Wetter, die Überrumpelung des Gegners und den schnellen Vormarsch.

 


 


 

 

 

 



- Durch Marnach, Luxembourg lief der wichtige Verbindungsweg nach Bastogne. Die Deutschen zogen von der Eifel aus westwärts durch die verschneiten Wälder im Tal der Our. Bis auf 300 m kamen sie an die amerikanischen Verteidigungslinien in  Marnach, Hosingen, Holzthum, Weiler, Munshausen and Clervaux heran ...  Am 17. Dezember 1944 um 09.30 schafften 30 deutsche Panzer den Durchbruch, durchquerten  auf dem Höhenweg der Ardennen die Trümmerfelder der Ortschaft Marnach  und fuhren hinunter ins Tal in Richtung Clervaux . -

Aber schon nach zwei Tagen geriet der Angriff ins Stocken. Die Amerikaner leisteten unerwartet heftigen Widerstand. Die engen, verschneiten Landstraßen ließen sich leicht blockieren und die große Zahl der eingesetzten deutschen Panzer und Transportfahrzeuge führte überall zu langen Staus. 


Foto: Gefallene deutsche Soldaten in Marnach, Dez. 1944,  http://ardennes44.free.fr/ 

 

... attack Marnach from the southwest via the Munshausen-Marnack road. This force did reach Marnach about 0830, and killed a large number of the enemy. The tank platoon leader radioed his company commander at my headquarters upon reaching Marnach that he could not contact any of our infantry there and the rifle platoon which had ridden with him was suffering along the Marnach-Clervaux road. This was done, and it had a disastrous effect upon the enemy, killing a large number and causing them to begin a retreat on that flank, back in the direction of Marnach. 

http://www.lonestar-mvpa.org/presentations/fuller/fuller_afteractionrpt.htm 

 



In der belgischen Stadt Bastogne wurden viele Amerikaner eingeschlossen, aber eine Kapitulation lehnte der kommandierende General Anthony McAuliffe mit dem berühmt gewordenen Wort "Nuts!" ("Ihr seid wohl verrückt!") ab. (...) An Heiligabend kam die Offensive nur wenige Kilometer vor der Maas, vor allem wegen Treibstoffmangels, endgültig zum Stillstand.

(...) Der Oberbefehlshaber West, Generalfeldmarschall Gerd von Rundstedt, der zusammen mit anderen Generälen vergeblich versucht hatte, Hitler von dem ganzen Unternehmen abzuhalten, riet am 1. Weihnachtstag dringend zum Rückzug auf den Westwall. Aber Hitler blieb wie in anderen entscheidenden Kriegsmomenten stur und befahl, jeden Meter Boden zu halten. Nun wurde aus der Offensive eine Abnutzungsschlacht. Anfang Januar war die gestellte Aufgabe nur noch, so viele feindliche Kräfte wie möglich zu binden. 

Die Ardennenoffensive war der letzte verzweifelte Versuch der Nationalsozialisten, die Niederlage noch abzuwenden. Mit dem Scheitern der Offensive waren alle operativen Reserven des Reiches verbraucht. ... dpa


 

 

Kein Krieg hat Marnach so sehr mitgenommen wie der 2.Weltkrieg (1939-1945),  besonders die  Ardennenoffensive. Das ganze Dorf stand damals monatelang verlassen da. Die Einwohner konnten von ihrem Hab und Gut kaum etwas in Sicherheit bringen, nur das bisschen, was sie bei ihrem hastigen Aufbruch mitnahmen. Wer sein Leben rettete und zurückkam, stand dann - "an Körper und Seele geschunden"  - vor den Trümmern seines Heimatortes.


Text aus "Marlies Niehues,  Als das Feuerkraut blühte"
Foto: www.wort.lu 

 


 

Frühjahr 2000

 

 

Die Inschrift lautet:

Zu Ehren der 
28ten US Infanterie Division "Keystone"
Befreier und Verteidiger von Marnach 1944

 

 

 

 

 

 


Die Inschrift lautet:

Diese Gedenktafel 
ist Offizieren und Mannschaft 
des 707ten US Panzerbatallions gewidmet,
für ihre Tapferkeit vor dem Feind 
und 
ihre hervorragende Pflichterfüllung 
in dieser Gegend
während der Ardennenschlacht 
im Dezember 1944

 

Gedenktafeln in Marnach, Luxemburg. 
Fotos: Wilhelm Niehues

 

Im Frühjahr 2000 besuchten wir das Dorf Marnach auf einer Höhenkuppe der Luxemburger Ardennen, wo vor vielen Jahrhunderten meine Vorfahren wohnten. Es liegt an einem uralten Weg, - die Gegend ist schon seit 7000 Jahren besiedelt - den einst die Kelten, später dann die Römer benutzten. Man denke an Asterix und Obelix!  Der Ort wurde bei der Ardennen-Offensive im 2. Weltkrieg von den Deutschen "ausradiert", wie man so sagt. 

 


 

 



In der Dorfkirche trafen wir einen Mann und kamen mit ihm ins Gespräch. Er war so alt wie Wilhelm, mein Mann, Jahrgang 34. 

"Als wir nach mehreren Monaten aus den Wäldern zurückkehrten, wohin  wir in der bitteren Winterkälte, im tiefen Schnee geflohen waren, besaßen wir nichts mehr, und kein Stein war mehr auf dem anderen." 

Foto: Im kalten Ardennenwinter Januar45, http://www.80thdivision.com  

 

 Ich fühlte mich unbehaglich, wie so oft, und entgegnete ihm etwas unsicher: "Sie waren ein Kind damals und mussten leiden. Wir waren Kinder im Ruhrgebiet und mussten den Bombenterror ertragen."  Er entgegnete voller Mitleid: "Ach, ihr Armen! Ruhrgebiet ... ich weiß. Dann musstet ihr genau so leiden wie wir." Wir versprachen einander, uns wiederzusehen.


 

Der Premierminister des Großherzogtums Luxemburg Dr. Jean-Claude Juncker, 
Träger des Internationalen Karlspreises zu Aachen 2006

Rede auf dem deutschen Soldaten-Friedhof in  Sandweiler

Auf diesem Friedhof liegen viele junge Soldaten, deutsche Soldaten, und es kann keine Erinnerungsfeier hier stattfinden, wie sie auch sonst nirgendwo stattfinden kann, ohne dass die Erinnerung weiterlebt, intensiver und alle einschließt, die Opfer waren. Die vielen Luxemburger, die ihr Leben verloren haben, die an Körper und Seele geschunden nach Luxemburg zurückgekommen sind oder Schlimmes in Luxemburg erlebt haben. Die vielen amerikanischen Soldaten, die unweit von hier beerdigt sind und die unser Land befreit haben, gemeinsam mit anderen. (...) Und deshalb gilt mein Gruß vor allem den Angehörigen der hier Begrabenen. Für die macht es nun wirklich keinen Unterschied, in welcher Uniform man umkommt und welcher Fahne man gedient hat.


Ich möchte den deutschen Gästen sagen, dass das, was im deutschen Namen hier in Luxemburg geschah, schrecklich war. Ich möchte ihnen aber auch sagen, dass die Geschichte, die wir mit Deutschland und mit den Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg erlebt haben, zu dem Besten gehört, was Europa je hervor gebracht hat. (...)

 Die Deutschen waren uns noch nie in der Geschichte unserer langen Nachbarschaft so gute Nachbarn wie sie es heute sind. Das Trennende gibt es nicht mehr, und das Gemeinsame ist seit 1945 auf dem Vormarsch.

Wer zweifelt, wer auch an Europa verzweifelt, der sollte Soldatenfriedhöfe besuchen. Dort kann man sehen, wozu das Nicht-Europa, das Gegeneinander der Völker, das nicht miteinander wollen, das nicht miteinander können, führen muss. 

Foto: www.wort.lu 

 


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